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Ein Torhüter-Treffen der besonderen Art
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David Aebischer und Martin Gerber mit den Original Huttwiler «Camp
Dresses». Bild: Peter Eggimann
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Goaliecamp in Huttwil. Das
Nationale Sport- und Kulturzentrum war einmal mehr Schauplatz eines speziellen
Hockeyanlasses. Nach Alfred Bohrens Hockeyschule zogen die Goalies ins Camp von
Martin Gerber und David Aebischer ein. 72 Goa-lies zwischen 10 und 30 Jahren
kamen von 47 verschiedenen Clubteams. Sie waren aus allen Landesteilen der
Schweiz vertreten, und sogar zwei Amerikaner fanden den Weg ins Emmentaler Camp.
Seit Monaten war «The Goalie Camp» ausgebucht. Das Interesse an dieser Schule
war riesig, und leider mussten viele Teilnehmer mit der Warteliste vertröstet
werden. Martin Gerber und David Aebischer stellten für das Camp ein
professionelles Trainer- und Betreuer-Team aus Schweizern, Kanadiern und
Amerikanern auf.
Dass es sich bei diesem Camp nicht
etwa um ein Ferienlager handelte, merkten die angehenden Butterfly-Goalies
bereits in den ersten Stunden. Der Tag begann mit dem Frühstück um 6 Uhr,
und gegen 20 Uhr fuhr die erste Gruppe zurück in die schöne Unterkunft.
Täglich trainerte man auf sechs Tore, 60 bis 90 Minuten lang. Von der Basis
bis zu authentischen Spiel-Situationen wurde vor- und nachmittags geübt,
geübt und nochmals geübt. Abgerundet wurde das Training durch Theorie- und
ausgewogene Polysport-Programme. Bei sämtlichen Übungen wachten die strengen
Augen der NHL-Stars über den Nachwuchs. Martin Gerber und David Aebischer
korrigierten, erklärten Übungsabläufe und gaben Tipps. «Die Kids sollen
verstehen, auf was es beim Training ankommt – und von den Übungen überzeugt
sein», kommentierte David Aebischer. Obschon das Training und auch die
Kritik hart waren, sah man überall freudige Gesichter. «Das ist wirklich
cool», meinte einer der jüngs-ten Teilnehmer, «kürzlich haben wir die Beiden
im Fernsehen gesehen, und jetzt geben sie uns Tipps, wie wir Tore verhindern
können.»
Nicht aufgeben
Je länger das Training dauerte, umso schwerer schien die Fanghand der
meisten Goalies zu werden. Aber ans Aufgeben dachte keiner. Die Kids zeigten
Disziplin und grossen Ehrgeiz. Trotz grosser Erschöpfung waren sie sogar für
das sonst so langweilige Auslaufen neben dem Eis motiviert. Martin Gerber
und David Aebischer erklärten eindrücklich, warum das Training neben dem Eis
genauso wichtig für einen erfolgreichen Goalie ist. Und obwohl vom eigenen
Clubtrainer wohl schontausend Mal gepredigt, aber mit Widerwillen oder gar
nicht befolgt, hatten die Kids unter den Fittichen der beiden NHL-Stars auch
an dieser Übung einen Riesenspass.
Prominente Betreuer
Nicht nur die beiden Top-Goalies, sondern auch etliche der Betreuer und
Shooters waren keine unbekannten Gesichter. So beispielsweise Ted Snell, der
ebenfalls NHL-Erfahrung nach Huttwil brachte. Er spielte zu einer Zeit in
der wohl besten Hockeyliga der Welt, als diese nur gerade aus acht Teams
bestand. Später spielte er etliche Jahre für den SC Langenthal. Danach
spielte und coachte er noch einige Jahre in der 1. Liga, ehe er als
Assis-tenztrainer in Zürich, Ambri und Langnau tätig war. Oder Fredy Bohren:
Als ehemaliger NLA-Trainer und aktueller U18-Schweizer-Natitrainer brachte
er nicht nur den nötigen Res-pekt, sondern auch eine unglaubliche Erfahrung
mit ins Lager. Da auch der Rest der Leiter-Crew eine sportlich erfolgreiche
Vergangenheit mit sich brachte, schlug sich dies auf die Teilnehmer positiv
über und brachte so den für ein solches Camp wichtigen Geist in die Gruppe.
Abgerundet wurde die prominente Betreuung von den Shootern Steve Hirschi (HC
Lugano), Pascal Müller und Luca Duca (beide EV Zug) sowie Michael Liniger
(SCL Tigers). Auch der neue Goalie der SCL Tigers, Reto Schürch, stattete
dem Camp einen kurzen Besuch ab.
National – International
Am Camp wurden vier Sprachen gesprochen, und obwohl die Betreuer zu Beginn
in sämtlichen Sprachen informierten, kam es immer wieder zu lus-tigen und
teilweise bis heute ungeklärten Begegnungen. So zum Beispiel, als sich drei
deutschsprechende Jungs rege unterhielten und plötzlich der einzig
italienisch sprechende Junge vom Camp in die Gruppe stiess. Dieser sagte
aufgeregt drei, vier, für keinen der drei Jungs verständliche Sätze, zeigte
in eine Richtung, und alle rannten ihm total überzeugt nach. Oder aber in
der Gruppe der jüngsten Teilnehmer meinte der nur englisch sprechende
Trainer zu einem auf dem Eis liegenden Goalie, «ruh dich nur ein bisschen
aus». Dieser verstand jedoch kein Wort, stand ins Goal, sagte nur «Sorry»
und arbeitete wieder wie ein Verrückter weiter. Das zehnjährige Mädchen aus
der ersten Gruppe kam zu seinem Trainer und meinte: «Mein Mami hat gesagt,
dass du mir das Haar zu einem Zopf bindest, denn das muss so sein, wenn ich
den Helm anziehe». Der Übungsleiter war damit jedoch schon ein bisschen
überfordert. Oder als «Abby» der Verzweiflung nahe einem Torwart zum x-ten
Male in Deutsch die Übung erklärte, dieser aber nicht reagierte und den
Tränen nahe plötzlich in Französisch meinte «entschuldige, ich verstehe
nichts», war das für den Goalie zwar alles andere als toll, doch im
Nachhinein umso lustiger, als David Aebischer dies seinen Camp-Kollegen mit
schlechtem Gewissen erzählte. Für die meisten der Teilnehmer war am Sonntag
schon bei der Abreise klar, dass es im kommenden Jahr zu einem Wiedersehen
kommen wird.
Peter Eggimann