Von der Drehbank in den
Wald
Ausgabe vom
11.08.2006
Bleienbach
Lehrlinge leisten einen gemeinnützigen Einsatz für die Burgergemeinde
Sie räumen gemeinsam Holz auf und lernen
dabei ihre zukünftigen Berufskollegen neu und die Natur besser kennen.
Mit dieser Aktion steigen die Lehrlinge der Max Daetwyler AG in ihr
Berufsleben ein.
Es ist mucksmäuschenstill im Wald. Eine Gruppe junger Leute steht
in einem Kreis. Die Blicke der Jugendlichen richten sich nach oben, wo
Buchenblätter und Tannnadeln in den weissen Himmel ragen. Ist es
wirklich so still? «Nein», sagt Fritz Käser, «im Wald hört man immer
etwas.» Der Förster stellt sich vor die jungen Frauen und Männer und
bittet diese, den Geräuschen zu lauschen. «Ich höre eine Meise
zwitschern», vermeldet eine tiefe Stimme. «Da tropft Wasser auf einen
Stein», fährt jemand mit hoher Stimme fort. Das Rauschen der Blätter,
das Rascheln einer Amsel, das Knarren eines Astes – jedes Ohr vernimmt
ein anderes Geräusch.
Zusammenhalt für den Beruf
Diese Woche stiegen die jungen Leute (wieder) in ihren
Arbeitsalltag ein. Die 20 Stifte und 4 Stiftinnen arbeiten bei der
Bleienbacher Max Daetwyler AG. Dort helfen sie als lernende
Konstrukteure, Logistikassistenten, Kunststofftechnologen, Elektroniker,
Informatiker, Polymechaniker, Mechapraktiker, Automatiker und
kaufmännische Angestellte mit, Anlagen für die Formenherstellung im
Tief- und Flexodruck zu entwickeln und zu bauen. Von Montag bis Mittwoch
lernten die 14 Erstlehrjahrstifte ihr zukünftiges Berufsleben kennen,
die 10 Zweitjahrstifte setzten dieses mit Routine fort.
Gestern und heute steht nun ein gemeinsamer Einsatz für die
Burgergemeinde Bleienbach auf dem Programm. «Auf diese Weise lernen sich
die jungen Leute kennen», erläutert Rolf Hofer, Leiter Berufsbildung.
«Und auch wir als Ausbildner begegnen unseren Lehrlingen mal in einem
anderen Umfeld.» Das schweisse das ganze Team zusammen, was sich dann
positiv auf den Berufsalltag, insbesondere das Arbeitsklima, auswirke.
Schneefall und Föhnsturm
Der Kreis vor der Joggihütte hat sich mittlerweile aufgelöst,
in einer Reihe tippeln die Lehrlinge durch die Sträucher. «29 Prozent
der Schweiz sind bewaldet», berichtet Förster Käser den jungen Leuten.
Das entspreche einer Fläche von rund einer Million Hektaren – 1 600
Hektaren davon bewirtschaftet Käser mit drei anderen Förstern. Jährlich
holzen die vier Förster aus ihrem Forstrevier, das von Rütschelen bis
Seeberg reicht und von dem 180 Hektaren der Burgergemeinde Bleienbach
gehören, 2 500 Kubikmeter Holz, welches hauptsächlich als Bauholz
verwendet wird.
Wie Käser berichtet, waren die Holzarbeiten heuer besonders streng: So
fiel durch die starken Schneefälle im Winter massenweise Kleinholz an,
welches im Frühjahr aufgeräumt werden musste. Ein Föhnsturm, der
kürzlich über die Region zog, verursachte erneut viel Bruchholz.
«Ungefähr eine halbe Hektare, also rund ein halbes Fussballfeld, wollen
wir nun gemeinsam aufräumen», erzählt Käser den Lehrlingen, und erklärt
auch gleich warum: «Der Wald bietet nicht nur den Pflanzen und Tieren
einen Lebensraum, er ist auch für den Mensch unverzichtbar: Er gibt uns
unter anderem Trinkwasser, Sauerstoff, Nahrungsmittel und Holz.» Mit
diesen Informationen und ausgerüstet mit Lederhandschuhen machen sich
die jungen Leute an die Arbeit.
Wen kann ich um Rat fragen?
Bewusst engagierten die Ausbildner der Max Daetwyler AG die
Stifte des ersten und zweiten Lehrjahrs gemeinsam für den Einsatz. «So
lernen die jüngeren Lehrlinge Ansprechpersonen kennen, und die Älteren
wissen, wem sie helfen können», erläutert Hansjörg Burkhard,
Verantwortlicher für die Ausbildung in der Montage.
Die Lehrlinge scheinen dieses Ziel umzusetzen. Daniela Bruch aus dem
ersten Lehrjahr übergibt zwei grosse Äste an Zweitlehrjahrstift Roland
Kündig, der das Holz ins Feuer wirft. «Diese Äste sind vom Borkenkäfer
befallen», erklären die 15-jährige KV-Lehrfrau aus Lotzwil und der
18-jährige Polymech-Lehrling aus Bützberg. «Mit dem gesunden Holz bilden
wir Haufen, welche dann den Tieren einen Unterschlupf bieten.»
Die beiden finden den gemeinsamen Einsatz eine gute Sache. «Als
Abwechslung ist das super», sind sie sich einig. Dabei lernten sie auch
ihre gewählten Berufe schätzen: «Förster wäre wohl nicht das Richtige
für uns.» Doch wer weiss, ob sie sich in hektischen Berufssituationen
nicht hin und wieder gerne an die sanften Geräusche des Waldes erinnern.
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